In Gedenken an Dr. Hansjörg Hofer

Österreichs Bundesbehindertenanwalt Dr. Hansjörg Hofer ist tot, verstorben in der Nacht auf 30. September im Alter von nur 63 Jahren. Der Schock sitzt tief, die Trauer ist groß.

Nachruf Dr. Hansjörg Hofer 1959 - 2022
Hansjörg Hofer, © Behindertenanwaltschaft

In seiner Zeit als Stv. Sektionschef im Bundesministerium für Soziales unter den Ministern Buchinger, Hundstorfer und Stöger war uns Dr. Hansjörg Hofer der wichtigste Ansprechpartner auf Beamtenebene für die berufliche und gesellschaftliche Integration von Menschen mit Behinderung seit der österreichischen Ratifizierung der „UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen“ im Jahr 2008.

In seine Zuständigkeit fällt die entschlossene Weiterentwicklung der Maßnahmen zur beruflichen Teilhabe auf Bundesebene - von der Pionierphase der Arbeitsassistenz bis hin zur Ausgestaltung als „Netzwerk Berufliche Assistenz“. Damit hat Österreich auch für den europäischen Raum ein Vorzeigemodell geschaffen, dem wir uns mit dem Blick auf Qualitätssicherung und Wirkungsorientierung weiterhin verpflichtet sehen.

Unser gemeinsames politisches Projekt in seiner Zeit als Behindertenanwalt war die Positionierung für einen Inklusiven Arbeitsmarkt und was es dafür in Österreich noch benötigt.

Wir erinnern uns an zahlreiche Arbeitsgespräche, in denen Dr. Hansjörg Hofer und Herbert Pichler (unser langjähriger Vorstand und Präsident des Österr. Behindertenrates bis April 2021) bedeutsame Zukunftsfragen diskutiert haben. Beide selbst von Behinderung betroffen und erfolgreich im Beruf, konnten und wollten sie sich nicht damit zufriedengeben, dass in Österreich nach wie vor junge Menschen aufgrund ihrer Behinderung vorschnell durch AMS und PVA als „nicht arbeitsfähig“ eingestuft werden können - und dies aufgrund einer geltenden Gesetzeslage. Für solche und ähnliche Fragen der Beruflichen Inklusion von Menschen mit Behinderung hatte man sich unter Einbezug weiterer Interessensvertretungen auf richtungsweisende Lösungsansätze geeinigt und sie als „Strategische Vorschläge für einen Inklusiven Arbeitsmarkt“ veröffentlicht. Dieses Grundlagenpapier fand mehrheitlich Berücksichtigung in den Zielen für die nächste Phase im „Nationalen Aktionsplan Beschäftigung“. Die „Szene“ glaubte an entscheidende Fortschritte.

Die fehlende budgetäre Bedeckung für die am 6. Juli 2022 vom Ministerrat beschlossene Neuauflage des „Nationalen Aktionsplans“ hat sodann sowohl Betroffenenvertreter:innen wie auch uns als Interessensvertretung von Dienstleistungsorganisationen schwer irritiert. Zuvor hatte Dr. Hansjörg Hofer es in seiner Pressekonferenz vom Juni 2022 noch einmal deutlich gemacht: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein so wichtiger Bereich wie die Inklusion von Menschen mit Behinderung in die österreichische Gesellschaft an einem Betrag von einer halben Milliarde Euro scheitern sollte!“

Dr. Hansjörg Hofer war für uns als Jurist ein exzellenter Kenner der österreichischen Rechtslage, als leitender Beamter im Ministerium ein verlässlicher Ansprechpartner für die Gestaltung von geeigneten Rahmenbedingungen für die von uns vertretenen Dienstleistungen und nicht zuletzt als Behindertenanwalt ein engagierter und strategisch agierender Partner.

Die Stimme von Hansjörg Hofer ist verstummt. Wir halten inne voll Dankbarkeit für jede Begegnung und verneigen uns vor dieser großartigen Persönlichkeit.

Unsere Gedanken sind in diesen Tagen bei seiner Frau und seinen Kindern.

Eva Skergeth-Lopič, Vorstandsvorsitzende dabei-austria & Christina Schneyder, Geschäftsführerin dabei-austria