Protestaktion: Kürzungen gefährden Sozialstaat und Inklusion

Pappkartons mit Aufschriften wie „sichere Arbeitsplätze" und „soziale Teilhabe" stürzten heute vor dem Finanzministerium zu Boden – ein eindringliches Bild für die Kürzungen im Sozialbereich. dabei-austria warnt: Menschen mit Behinderung trifft es besonders hart. Die Fakten sind alarmierend.

Vertreter:innen des Netzwerks Armutskonferenz vor dem Finanzministerium.
Vertreter:innen des Netzwerks Armutskonferenz vor dem Finanzministerium., © Foto: dabei-austria

Es war ein treffendes Bild für die massiven Kürzungen im Sozialbereich: Vertreter:innen des Netzwerks Armutskonferenz stapelten am heutigen Dienstag vor dem Finanzministerium in Wien Pappkartons aufeinander.

Bausteine des Sozialstaats wackeln

Jeder davon war beschriftet mit elementaren Bausteinen, die den Sozialstaat ausmachen – und die jetzt gefährdet sind. Unter anderem „sichere Arbeitsplätze“, „soziale Teilhabe“ und „medizinische Versorgung“ war zu lesen.

Karton für Karton zogen die Vertreter:innen von sozialen Organisationen wie Volkshilfe oder Integration Wien einzelne Kartons heraus, bis das eigentlich stabile Gebilde zusammenbrach und die Kartons auf den Asphalt vor dem Ministerium stürzten. „So schaut’s dann aus, wenn wir alles hinmachen“, sagte eine Beteiligte dazu. Auch dabei-austria war vor Ort, sammelte Stimmen und Eindrücke.

"Wettbewerb" um stärkste Kürzungen

Unter dem Motto „Für ein gerechtes Budget“ appellierten die Sozialorganisationen an die Bundesregierung: Das Sparpaket der Regierung belastet die Ärmsten viel stärker als die Reichsten.

Stapel mit Pappkartons stürzte zu Boden.
Pappkartons symbolisieren Bausteine des Sozialstaats und stürzten zu Boden - Symbol für die Kürzungen., © Foto: dabei-austria

In Bund und Ländern sei ein Wettbewerb darum entstanden, wer „am widerlichsten zu den Ärmsten“ sei und wer am ärgsten „nach unten“ trete. Auch in Wien werden Leistungen gekürzt, was auch Menschen mit Behinderung und psychischen Erkrankungen trifft.

„Österreich hat sich verpflichtet, Menschen mit Behinderungen zu unterstützen“, sagte Martin Marlovits, stellvertretender Fachbereichsleiter Erwachsenenvertretung im Verein VertretungsNetz. „Teil davon ist, die Bekämpfung von Armut für Menschen mit Behinderungen, wie es auch die UN-Behindertenrechtskonvention fordert.“ Wegen des Spardrucks stünden Organisationen vor dem Aus. „Ein Minus von zehn Prozent heißt für viele das Hackl ins Kreuz“, sagte Marlovits.

Massive Kürzungen bei Inklusion 

Weil im Bereich der Fördermaßnahmen für Menschen mit Behinderung im nächsten Jahr 35 Millionen Euro fehlen, steht schon jetzt fest: 20 von rund 300 Projekten müssen eingestellt werden, viele weitere müssen massiv einsparen und Stellen reduzieren.

Das trifft Menschen mit Behinderung hart. „Es sind Kürzungen bei unterstützenden Angeboten, die nachweislich Brücken in Ausbildung und Arbeitsverhältnisse am ersten Arbeitsmarkt sowie gesellschaftliche Teilhabe bauen“, sagte Christina Schneyder, Geschäftsführerin von dabei-austria schon im Juli, als die Kürzungspläne bekannt wurden.

Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) sprach vor dem Ministerium mit den Protestteilnehmer:innen.
Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) sprach vor dem Ministerium mit den Protestteilnehmer:innen., © Foto: dabei-austria

Die Krise trifft Menschen mit Behinderung am Arbeitsmarkt besonders hart. Laut aktuellen Zahlen vom November stieg die Arbeitslosenquote unter ihnen im Vergleich zum Vorjahr um 12,4 Prozent – mehr als doppelt so stark wie im Gesamtschnitt der Bevölkerung. In der Ö1-Sendung Journal Panorama – Klartext forderte Schneyder daher eine stabile Finanzierung von Inklusionsmaßnahmen am ersten Arbeitsmarkt. „Jeder Cent, der hier investiert wird, kommt nicht nur den Menschen zugute, sondern ist auch volkswirtschaftlich sinnvoll“, sagte sie.

In zehn Punkten forderte die Armutskonferenz bei der Aktion vor dem Finanzministerium „kluge Investitionen und soziale Sicherheit“ für alle gefährdeten Gruppen. Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) trat auf die Straße und suchte das Gespräch mit den Beteiligten. „Unser Ansinnen ist es immer, bei den sozialen Diensten möglichst nicht zu kürzen, sondern die auszubauen“, sagte er. Die bisherigen Taten der Regierung sprechen eine andere Sprache.